Die Geschichte des TerraZoo ist in erster Linie die Geschichte von Menschen, ihren Idealen und Träumen. Ohne eine große Portion Idealismus und Freude an der Sache wäre es nicht zum TerraZoo gekommen. Die Geschichte des TerraZoo ist eine Geschichte in der Freude und Leid, Erfolge und Scheitern eng miteinander verbunden sind, wie es immer der Fall ist, wenn etwas Außergewöhnliches von Idealisten angestrebt wird. Die Geschichte des TerraZoo ist auch eine Geschichte des Zufalls, zur richtigen Zeit sind Menschen zusammen gekommen, die in der Lage waren und den Willen hatten mit vereinten Kräften einen Zoo zu erschaffen, der überregional als beispielhaftes Reptilienhaus Anerkennung fand.
Der Begründer und Besitzer des TerraZoo war Daniel Kahlen (*1962 Oberhausen; †2010 Rheinberg), Sohn von Edeltraud und Günter Kahlen aus Moers. Schon als 10 jähriger Bursche jagte Daniel den Echsen, Schlangen und Amphibien des Niederrheins hinterher, beobachtete ihre Lebensweise und erforschte ihre Lebensräume. Die ersten Tiere wurden gefangen und in Behältern untergebracht, gefüttert und umsorgt. Tiere waren die wirklich große Passion von Daniel. Trotzdem schlug Daniel Kahlen beruflich erst einmal einen völlig anderen Weg ein, der sich aber als überaus günstig für die spätere Entwicklung des Zoos zeigte. Nach erfolgreichem Schulabschluss machte Daniel eine erste Ausbildung zum Offsetdrucker, gefolgt vom Erwerb der Fachoberschulreife am Duisburger Kolleg. Weiter ging es mit einer Ausbildung zum Schriftsetzer sowie eine Ausbildung zum Diplom Kommunikationswirt. 4 Jahre Arbeit in einer Werbeagentur reichten aus um Daniel wieder zurück zu seinen Wurzeln zu bringen, zu den Tieren.
Schon vor und während seiner Arbeit in der Werbeagentur plante er akribisch die Eröffnung des TerraZoo in Moers. Da ihm jedwede Finanzmittel fehlten, marschierte er zu einigen Geldinstituten und legte bereits 1992 Pläne für ein Terrarienhaus mit und zum Schutz einheimischer Reptilien und Amphibien vor und scheiterte. Geldinstitute unterstützen niemals Werte sondern immer nur Geschäfte. Den Bankern war sofort klar, dass mit Zauneidechsen und Erdkröten wenig bis kein Geld zu machen ist. Der Schriftsetzer und Kommunikationswirt war aber noch lange nicht am Ende und gestaltete ein Konzept mit Design, Fotos und Grafiken, sprach von Erlebniswelten, Klapperschlangen, Kobras und der Schönheit der Kreatur und beeindruckte derart, dass der Kredit bewilligt wurde. Letztendlich machte er mit dem Geld natürlich das Gleiche wie im ersten Antrag beschrieben, er erschuf den TerraZoo in Moers.
Der TerraZoo eröffnete seine Pforten im Mai 1996. Zusammen mit seiner Lebensgefährtin Isabella Schroetter - eine Kauffrau für Bürokommunikation - betreute Daniel die Besucher, pflegte die Tiere, gestaltete Terrarien und kümmerte sich natürlich um Beschriftungen der Anlagen und die Erstellung von Werbemitteln aller Art. Er war ein begnadeter Erzähler und faszinierte die Besucher mit Geschichten aus der Tierwelt, während er gleichzeitig Tiere aus Taschen und Behältern zauberte, ganz in der Tradition des berühmten Bernhard Grzimek. Noch Jahre später erzählen Besucher von diesen Begegnungen mit Daniel Kahlen und seinen Schlangen. Seine Lebensgefährtin Isabella Schroetter ergänzte mit ihrem ungetrübten Blick für das Machbare das 2-Personen-Team und übernahm Buchungen, Buchführung sowie die Organisation der Arbeitsabläufe. Obwohl es in den angemieteten Kellerräumen dunkel und auch feucht war, erreichten Isabella und Daniel dank ihres ausgeprägten gestalterischen Talents eine freundliche bunte Atmosphäre, schöne, helle und penibel saubere Terrarien mit echten Pflanzen und gesunden Tieren. In den nächsten Jahren wurde der TerraZoo Geheimtipp für Schulbesuche, Kindergartenausflüge und Kindergeburtstage. Die Anforderungen an den Betrieb stiegen mit den Besucherzahlen. Das Team wurde mit Studenten und Praktikanten erweitert. Max Lang, Desirée Möring und Christian Niggemann waren Praktikanten der ersten Stunde und begleiteten den TerraZoo abgesehen von Max bis 2010. Die jungen Leute absolvierten ein Schülerpraktikum und konnten sich der Faszination TerraZoo nicht mehr entziehen. Der Zoo hatte bereits viele Jahre vor anderen vergleichbaren Einrichtungen eine Webseite, die vom Autor dieses Dokuments ehrenamtlich bezahlt, gepflegt und veröffentlicht wurde. Zunehmend mehr Schulen besuchten den Zoo, ab 1998 wurden diese neben Daniel auch vom Sozialpädagogik-Studenten Phillip Einfalt betreut. Die schöne und saubere Terrarienanlage wurde größer, weitere Räume in den Kellergeschossen der einstigen Schachtanlage Rheinpreussen Schacht IV wurden erschlossen. 1998 ergänzte noch Raimond Kahlen als Tierpfleger das Team. Im Jahr 2001 wurden dann Christian Niggemann und Mirijam Hesse zur Ausbildung als Zootierpfleger aufgenommen und sogar eine Dipl.-Biologin – Kerstin Schulte aus Oberhausen – angestellt. Mit Marcus Leuker aus Moers, seit 2010 Biologie-Lehrer, erhielt das Team noch einen Praktikanten den die wirbellosen Tiere begeisterten, er betreute während seiner Oberstufenzeit eigenständig Phasmiden und während des Studiums Schüler im TerraZoo. Das Team war damit komplett, professionell, und der TerraZoo wandelte sich zum zoologischen Institut. 35.000 Besucher suchten die Einrichtung im Jahr auf.
Dieser Erfolg und die Feuchtigkeit im Moerser Keller ermutigte Daniel Kahlen zu dem waghalsigen Schritt in Rheinberg-Winterswick als Bauherr den TerraZoo Rheinberg in Angriff zu nehmen. Mit Fortschritt und Bestehen dieses großen Projekts schwand die Gesundheit des Idealisten. Solche Projekte verschlingen nicht nur Unmengen Geld, sondern auch Nerven, Kraft und Zeit. Die mit Bau und Technik betrauten Firmen hielten sich nicht an Zeitpläne, es dauerte alles zu lang, die Mietbelastung in Moers blieb, der Umzug musste verschoben werden. Das neue Gebäude wurde niemals dicht, Wasser floss in die Büros, an den Wänden in Zoo und Anliegerwohnung des Zooleiters herunter. Die Computeranlage zur Steuerung der Terrarien hatte oft Störungen und die große Zulaufpumpe für die Krokodilanlage wurde schlecht eingebaut, ständig musste dieses System nachgebessertwerden. Jahrelang traf sich Daniel Kahlen mit den Baufirmen vor Gericht und kämpfte um die Abdichtung des Daches, dies sollte er aber nicht mehr erleben. Im Juni 2001 ging der Betrieb im TerraZoo Rheinberg entgegen aller Schwierigkeiten erst einmal voller Elan los. Der Tierbestand wurde noch um einige Arten erweitert, spektakulär waren sicher die Nilkrokodile des Duisburger Zoo, die ein größeres Zuhause benötigten. Die Tiere wurden betäubt und bei laufenden Kameras von Kabel1 zum TerraZoo gebracht. Auch die schöne Außenanlage mit einheimischen Reptilien war eine Neuerung. Der Verein des Zoo hieß zu Beginn TerraAktiv. Manfred Kauffeldt hatte den Vorsitz. Der Verein baute in Zusammenarbeit mit dem Duisburger Zoo und den Vereinsmitgliedern eine große Anlage für Kreuzottern in den Garten. 2002 war ein gutes Jahr, über 50.000 Besucher kamen zum TerraZoo, gerechnet hatte man ursprünglich mit 100.000 Besuchern. Möglich wäre es auch gewesen, hätte Daniel Kahlen einen anderen Standort gewählt. Für Freizeitunternehmen ist zum einen der Standort im Gewerbegebiet ungeeignet, was all den beteiligten Marketingstrategen anscheinend unbekannt war, zum anderen sind Städte wie Moers und Rheinberg keine Touristenmagnete.
Das der TerraZoo trotzdem auch noch im Jahr 2009 55.000 Besucher aus der Peripherie lockt, zeigt aber wie gut das Unternehmen platziert war. In Xanten oder gar im Centro Oberhausen wäre es garantiert zu einem vielfachen an Besuchern gekommen. Im Jahr 2003 gab es einen extrem heißen Sommer, in der Halle des Zoos waren 40°C keine Seltenheit, im Gegensatz zu Besuchern. Um diesen standortbedingten und witterungsbedingten Besucherschwund aufzufangen kam es zum Ausbau der Zooschularbeit. Dipl. Pädagoge und Geograph Frank Bick unterstützte das Team ab 2002, am Anfang als Honorarkraft, ab 2004, nach Ausscheiden der letzten Biologin des Zoo - Dagmar Winter, die heute als Berufschullehrerin tätig ist - auf halber Stelle. Frank Bick erarbeitete ein Zooschulkonzept, verschiedenste Besucherführungen, Sonderveranstaltungen, studentische Kräfte wurden gesucht und Hilfe bei Fach- und Diplomarbeiten gegeben. Ein umfangreicher Presseverteiler wurde eingerichtet und die Webseite wurde mit Umzug nach Rheinberg natürlich auch modernisiert. Das Konzept des Zoos lag von nun an bei Niederrheinischen Reptilien und der Entwicklung einer Bildungseinrichtung mit Infotainmentcharakter. Abendführungen, Seminare für Amtsveterinäre und ein an das Curriculum angelehntes Führungskonzept für Schulen wurde erarbeitet. All diese Bemühungen reichten nicht aus die finanziellen Probleme in den Griff zu kriegen, das Wetter war mitentscheidend für den Erfolg. Im Jahr 2003 wurde eine erste Diplomarbeit zu Kreuzottern von Petra Burghardt verfasst, der Leiter der Landschaftsbehörde versprach Hilfe, die aber wie alle Versprechungen von öffentlicher Seite als leer verbucht wurde. Während in den Biostationen NRWs Vorträge für Kleinstgruppen staatlich gefördert werden, macht der TerraZoo solche Führungen für etwa 30.000 - 40.000 Menschen im Jahr auf eigene Rechnung. Der TerraZoo bot jedem Besucher die Möglichkeit sich in einer so genannten öffentlichen Führung auf spaßige Weise über Reptilien des Niederrheins zu informieren und am Ende eines der besprochenen Tiere einmal zu berühren. So werden Wissensgrundlagen gelegt, positive Emotionen freigesetzt und im Zusammenspiel mit der freundlichen, sauberen Atmosphäre der Ausstellung für Sympathie zu Kriechtieren geworben. Wie gut dieses System funktionierte wurde zahlreich an Besucheräußerungen und Befragungen bestätigt. Pädagogisch war diese Vorgehensweise einmalig und erfolgreich, wirtschaftlich ein einziges Drama. Es zeigt sich auch an der Geschichte des TerraZoo dass es derzeit gesellschaftlich weder gewünscht noch begriffen wird, wie wichtig viele Einrichtungen mit gehaltvollen Inhalten für eine gute Gegenwart und bessere Zukunft einer Gesellschaft sind. Dies zu erkennen erforderte allerdings eine echte Bildungspolitik. Auch müsste es mehr Angestellte und Räte in Städten und Gemeinden geben, die Kenntnisse von gesellschaftsprägenden Vorgängen haben und nicht auf einer pragmatischen oder sogar egozentrischen Ebene feststecken.
Daniel Kahlen verbesserte die Flyer, ergänzte die Präsentation mit schönen Fotos vom ehrenamtlich tätigen Fotografen Volker Kelleter und ging mit diesen Materialien zusammen mit Frank Bick zu Behörden, Instituten, Politikern und großen Firmen. Der WDR, Pro7, Kabel1 und RadioKW brachten viele Beiträge über die Tätigkeiten des Zoo. Über Diplomarbeiten wurden neue Wege gesucht. Claudio Abels entwickelte im Rahmen seiner Bachelor Arbeit an der Hochschule Krefeld ein überragendes Content Management System zur Präsentation des Zoos im Internet, dass Resultat sind bis heute 2.000 Besucher täglich auf der Webseite, Fotodatenbanken von Tieren die auch von Verlagen wie Kosmos gelegentlich genutzt werden. Hannah Heiders ermittelte in einer Diplomarbeit der Fachhochschule Gelsenkirchen die Faktoren eines Umweltsponsorings und entwarf ein Konzept für den TerraZoo. Leider blieben alle Bemühungen erfolglos und der TerraZoo erhielt über die Jahre aus öffentlicher Hand insgesamt 120.000 Euro, wovon sogar die Hälfte wiederum von Unternehmen eingebracht wurden. Wäre derTerraZoo ein Geldinstitut, hätte er sicher mehr Hilfe erhalten. Mit Unterstützung der CDU Politikerin Marie-Luise Fasse wurde versucht, aus Stiftungen Geld für die Zooschularbeit zu bekommen, leider aber passte ein Zoo nicht in den Förderschwerpunkt der großen Umwelt- und Kulturstiftungen. Zur Verbesserung der Antragssituation wurde aus dem TerraAktiv Verein die Zooschule Rheinberg e.V. , ein eingetragener Tier- und Naturschutzverein. Der Verein organisierte Sonderveranstaltungen, versorgte den Zoo mit Beamer, Leinwand und anderen Lehrmitteln und brachte Flyer zum Tierschutz heraus. Anträge wurde künftig im Namen des gemeinnützigen Vereins gestellt und häufig abgelehnt. Die Öffentlichkeitsarbeit wurde durch den Verein ergänzt, Markus van Bruck und Ingrid Venen aus dem Vereinsvorstand präsentierten den Zoo auf Messen, Tierbörsen und den Artenschutztagen der umliegenden Zoos. Etwa 10.000 Euro im Jahr flossen aus Vereinsmitteln in den Zoo. Der Betrieb ging weiter, doch das Schuldenkonto Daniel Kahlens blieb unverändert hoch. 2004 beendete Christian Niggemann als erster erfolgreich die Ausbildung zum Zootierpfleger. Dino Caccamese, Birgit Gessmann, Nadine Groenewald und Alexander Jasinski folgten.
Alle Angestellten arbeiteten über viele Jahre mit Energie am hohen Qualitätsstandard, Isabella Schroetter hatte viele Jahre eine Sechs-Tage-Woche. Die Tierpfleger hatten eine 4 Tage Woche mit 10 Stunden Tag. Sie mussten neben der komplizierten Tierpflege Führungen aller Art machen, sich gärtnerisch erfolgreich zeigen, da es echte Pflanzen in TerraZoo Terrarien gibt, aber auch Kaffee verkaufen, Telefondienst und Buchungen beherrschen. Auch Daniel Kahlen gab alles, aber die Bemühungen und Sorgen um den Zoo powerten ihn aus, er befand sich in einer Burn-Out-Situation, wurde öfter krank und verlor Jahr für Jahr an Kraft und Kreativität. Seine letzten herausragend schönen Lebensereignisse waren die Hochzeit in 2005 mit Isabella Schroetter, seiner jahrelangen Lebensgefährtin und zuletzt die Umwandlung des Privatunternehmens zur gemeinnützigen GmbH in 2008. Isabella Kahlen betätigte sich als geschäftsführende Gesellschafterin und mietete von Daniel Kahlen das marode Gebäude. Der Westen titelte dieses Ereignis mit dem schönen Slogan „Die Zukunft kann kommen“. Mitgesellschafterin war Edeltraut Kahlen, die Mutter von Daniel. Sie unterstütze den Zoo durch Hilfe im Café und Vorbereitung von Verpflegung für Sonderveranstaltungen aller Art. Am 20. Juli 2010 starb Daniel Kahlen an Herzversagen und die Sparkasse war um 500.000 Euro dank einer Versicherung reicher.
Vielleicht wollte ihm das Schicksal den Untergang der TerraZoo gGmbH und der Marke TerraZoo ersparen, denn die von der Sparkasse Rheinberg angesetzte Zwangsversteigerung zeigte Erfolg. Am 9. Dezember 2010, es wäre der 48. Geburtstag von Daniel Kahlen gewesen, wird das Gebäude an Jun Ringelhan für 430.000 Euro inkl. Terrarienanlage und allem Interieur verkauft. Ihr Ehemann Uwe Ringelhan will die TerraZoo gGmbH nicht mit erwerben und mit einer neuen gGmbH den alten Betrieb weiterführen. Die alte TerraZoo gGmbH wird das Jahr 2011 über ruhen und dann geschlossen. Uwe Ringelhan legte der Stadt Rheinberg ein eigenes Konzept vor, dass zum Zoobetrieb noch eine Auffangstation und ein Serumdepot vorsieht. Der Tier- und Naturschutzverein Zooschule Rheinberg e.V. erhält eine neue Meldeadresse und wird Seminare zur Bekämpfung von Spinnen- und Schlangenphobien anbieten und die Zooschulen des Verbands der Deutschen Zoopädagogen präsentieren, in welchem die Zooschule Rheinberg e.V. Mitglied bleibt. Weitere Aktionen zum Tierschutz einheimischer Arten im Sinne Daniel Kahlens sind auch bereits avisiert. So wird die Zooschule Rheinberg e.V. den Nabu bei Projekten zu niederrheinischen Reptilien unterstützen. Im Jahr 2023 erfolgte auf Initiative von Tierarzt Dr. Jörg Scheidung eine Wiederbelebung der Vereinsaktivitäten in den Räumen des TerraZoo Rheinberg. Ausschlaggebend war ein Besitzerwechsel im Jahr 2022/23.